Was können wir gegen das Bienen- und Insektensterben tun ?

Ein Bericht von Uwe Huchel:

http://www.huchel.net

Artikel über das  Bienen- und Insektensterben lassen sich gegenwärtig in den Medien sehr häufig finden. Die Verantwortlichen sind dabei oft sehr schnell ausgemacht. So begründet z.B. der Verein Campact e.V. seine Aktivitäten gegen das Bienensterben u.a. so: „Vier Milliardstel Gramm Neonikotinoide – mehr braucht es nicht, um eine Biene zu töten. Doch allein in Deutschland wurden im Jahr 2015 über 200 Tonnen des giftigen Wirkstoffs an Landwirte verkauft. /1/

Die Schuld trägt demnach allein die Landwirtschaft und die Industrie, also müssen Verbote her. Doch derartige Panikmache ist wenig hilfreich. Sind es allein die Pflanzenschutzmittel, die für das Bienensterben verantwortlich sind? Nutzen uns nur Verbote und können wir sonst nichts tun? Dieser Fragestellung möchten wir in diesem Beitrag nachgehen.

Pistorius u.a. vom Institut für Bienenschutz schreiben in /2/:  „Verschiedene Ursachen, wie unsachgemäße Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, Frevel, aber auch Krankheiten, Parasiten, Viren und deren Bekämpfung sowie bestimmte imkerliche Maßnahmen und Verhaltensweisen können zu Bienenschäden führen und zum Teil ähnliche Sypmtome wie bei Vergiftungen bewirken. Oft ist daher zunächst die tatsächliche Schadensursache unklar und kann nur durch gezielte Untersuchungen und Kenntnisse der Ökotoxikologie, Bienen- und Krankheitsbiologie geklärt werden.“  Weiter wird ausgeführt:  „Die langjährigen Erkenntnisse der Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen, und aus wissenschaftlichen Untersuchungen dritter sowie der in Deutschland bereits seit langem etablierten Programme zur Untersuchung der Bienengesundheit lassen jedoch sehr konkrete Rückschlüsse auf Risiken einer Bienenvergiftung durch verschiedene Pflanzenschutzmittelanwendungen in der Praxis zu. Bienen können Pflanzenschutzmitteln je nach Anwendung über verschiedene Expositionspfade ausgesetzt sein. Mit welchen Wirkstoffmengen Bienen dabei in Kontakt kommen, hängt von vielen Faktoren ab. Art, Ausmaß und auch Dauer der Exposition sind je nach Wirkstoff, Aufwandmenge, Anwendungsart, Ausbringungstechnik, Witterungsbedingung und Kulturpflanze verschieden. Je nach Kultur sind unterschiedliche Expositions-Szenarien und somit auch unterschiedlich ausgeprägte Risiken für Bienen zu verschiedenen Zeitpunkten im Entwicklungszeitraum der Kulturpflanzen von der Aussaat bis nach der Blüte möglich.“

Ein Bienensterben durch Pestizide wurde in folgenden Beiträgen nachgewiesen:

 – „2008: Bienen sterben nach Pestizideinsatz am Oberrhein

Im April und Mai 2008 starben in der Region Oberrhein in Baden-Württemberg zehntausende Bienen. Verantwortlich dafür war das Insektizid Clothianidin der Firma Bayer Cropscience. Als Saatgutbehandlungsmittel wurde das clothianidinhaltige Mittel „Poncho“ zusammen mit einem Haftmittel auf die Saatkörner aufgetragen und hätte bei der Maisaussaat direkt in den Boden gelangen sollen. Der für Bienen hochgiftige Wirkstoff wurde jedoch auf benachbarte Äcker geweht und dort von Bienen aufgenommen, die kurze Zeit später in Massen starben.

Clothianidin ist ein relativ neues Insektizid aus der Gruppe der Neonikotinoide. Es soll die Pflanze gegen Maiswurzelbohrer, Fritfliege und Drahtwurm schützen. Neonikotinoide sind synthetisch hergestellte Nikotinverbindungen, die als Kontakt- und Fraßgifte auf das Nervensystem wirken. Der Wirkstoff wurde insbesondere für den Einsatz als Saatgutbehandlungsmittel („Beizmittel“) entwickelt.“ /3/

– Im Jahresbericht 2017 der Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen des Instituts für Bienenschutz ist zu lesen:

„Insgesamt lag die Zahl der gemeldeten Schäden unter dem Niveau des Vorjahres. Der Anteil möglicher Vergiftungsschäden durch Pflanzenschutzmittel an den biologisch-chemisch untersuchten Schadensfällen lag mit ca. 21% sogar deutlich niedriger als in anderen Jahren. /4/  Der Rest der Schäden wurde hauptsächlich durch Milben und Viren verursacht.

simplyscience.ch schreibt:  „Dass Rückstände dieser Pflanzenschutzmittel bei ihrem vorschriftsmässigen Einsatz in der Landwirtschaft allerdings den Verlust von ganzen Bienenvölkern bewirken können, ist unwahrscheinlich: weder in Feldversuchen noch in der Praxis konnte ein direkter Zusammenhang  zwischen Bienensterben und Pflanzenschutzmitteln gezeigt werden. In Australien werden verbreitet Pflanzenschutzmittel eingesetzt, ohne dass es dort Anzeichen für ein Bienensterben gibt – dort fehlt die Varroa-Milbe als wichtiger Krankheitserreger der Bienenvölker.„ /5/

Als weitere Ursachen für das Bienensterben werden angesehen:

– Die Milbe namens Varroa destructor.

– Die Mittel, die gegen die Milbe eingesetzt werden, schwächen die Bienen und machen sie für andere Schadfaktoren (z.B. Pflanzenschutzmittel) empfindlicher

– andere Parasiten wie z.B. Pilze, die die Bienen töten oder schwächen

– weniger werdende Nahrungsquellen (Monokulturen in der Landwirtschaft;  nicht 
jede Pflanze dient der Biene als Nahrungsquelle)

– Stress in den Bienenvölkern durch geänderte Lebensbedingungen

simplyscience.ch kommt zu folgendem Schluss: „Zusammengefasst vermuten Wissenschaftler, dass das Zusammenspiel der verschiedenen Ursachen (Krankheitserreger, Umweltchemikalien und Stress) zum Massensterben der Honigbienen führen kann. Doch wie genau diese Faktoren zusammenspielen und was man dagegen tun kann, ist noch unklar und wird intensiv untersucht. Sicher ist, dass wir Menschen die Honigbienen zu Nutztieren herangezüchtet haben, die ohne Medikamente von uns nicht mehr überleben können“. /5/

Was leitet sich daraus ab?

1. Den Einsatz von Pestiziden reduzieren

2. Den Bienen geeignete Pflanzen als Nahrungsquelle anbieten

3. Den Bienen ihren verlorenen Lebensraum wieder geben

Was können wir selbst tun?

Durch geeignete Pflanzen den Wildbienen im Garten oder auf dem Balkon eine Nahrungsgrundlage schaffen. Ihnen weiter Nisthilfen (Insektenhotel) anbieten. /6/

Bild 1

Bild 2

Die Mauerbienen bauen ihre Nester z.B. vorzugsweise in Hohlräumen wie Ritzen und Spalten im Mauerwerk, Löcher im Verputz, hohle Schilfstängel, man findet ihre Nester aber auch in Fensterrahmen oder Röhren von Rolläden. /7/ Bieten Sie den Bienen Nistmöglichkeiten!

Bild 3

So kann jeder ein klein wenig zur Erhaltung der Wildbienen beitragen, die für die Bestäubung unserer Nutz- und Wildpflanzen unersetzliche Dienste leisten. 

Der heimische Garten mit einheimischen Pflanzen kann eine echte Lebensgrundlage für Insekten und auch Vögel sein. So können Gartenbesitzer kleine Oasen schaffen. 

Bild 4

Nur Splitt- und Steingärten sind keine Lösung, ebenso der Einsatz von Giften. Sie sollten auf heimische Blumen und Pflanzen setzen, statt sterile immergrüne Gärten mit für Insekten uninteressanten Pflanzen. Zum Schutz von Bienen und Hummeln ist eine Mahd bei bedecktem Himmel und kühleren Temperaturen ideal. /8/ Und die Wiesen müssen überhaupt erst einmal eine Chance zur Blüte bekommen haben ehe sie wieder abgeschnitten werden.

Bild 5

Ein wichtige Maßnahme in der Landwirtschaft sind Ackerrandstreifen. „Ein Ackerrandstreifen ist ein Randbereich an Äckern, der ohne den Einsatz von Herbiziden und Pflanzenschutzmitteln bewirtschaftet wird, damit sich dort Ackerwildkräuter und die an sie angepasste Tierwelt ausbreiten und überleben können. /9/  „Durch Ackerrandstreifen wird nicht nur die Artenvielfalt gefördert. Es können sich dort auch natürliche Gegenspieler von Schädlingen entwickeln, wie eine Studie auf Schweizer Weizenfeldern ergab. Schädlinge der Art Oulema gallaeciana (Getreidehähnchen) wurden auf biologische Weise verringert. In der von Matthias Tschumi geleiteten Studie wurde im Randbereich zu den Streifen ein bis zu 10 % höherer Ertrag auf ökologisch bewirtschafteten Flächen beobachtet, allerdings ohne auf die wirtschaftliche Rentabilität für die Gesamtfläche einzugehen. „ /10/

Es ist an der Zeit, dass wir sorgsamer mit den Ressourcen und unserer Umwelt umgehen und sinnlose Verschwendung vermeiden. Jeder kann mit ein wenig Nachdenken zu einer gesünderen Umwelt beitragen. Letztendlich nützt es jedem selbst.

Lesenswert:

Wohnungsnot – auch bei Wildbienen

Naturgarten – Die Oase vor bzw. hinter der eigenen Haustüre

Deutsches Bienenmonitoring 

Elke Schwarzer; „Mein Bienengarten“, Ulmer Verlag

Quellennachweis

/1/ https://aktion.campact.de/bienenkiller/appell/teilnehmen. (Bienenkiller endlich verbieten!)

/2/  Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen: Bienenvergiftungen durch Einsatz von  
          Pflanzenschutzmitteln
          Findings of the examination center for honey bee poisoning incidents: honey bee incidents 
          caused by pesticides           Jens Pistorius, Ina Patrizia Wirtz, David Thorbahn, Gabriela Bischoff

/3 / https://www.bund.net/umweltgifte/gefahren-fuer-die-natur/bienen/

/4/ http://bienenuntersuchung.julius-kuehn.de/index.php?menuid=91&reporeid=78

/5/ https://www.simplyscience.ch/teens-liesnach-archiv/articles/das-bienensterben-ursachen-
und-folgen.html

/6/  Wildbienen: Die anderen Bienen  Paul Westrich             Verlag: Pfeil, F; Auflage: 5 (23. Juni 2015)

/7/  https://www.wildbienenschutz.de/wildbienen/nest-der-mauerbiene.html

/8/   http://www.naturtipps.com/mahd.html

/9/  https://de.wikipedia.org/wiki/Ackerrandstreifen

/10/  M. Tschumi, M. Albrecht, C. Bärtschi, J. Collatz, M. H. Entling, K. Jacot: Wildflower strips   enhance biological pest control and yield. In: Gesellschaft für Ökologie e. V. (Hrsg.): 
              Verhandlungen der Gesellschaft für Ökologie. Band 45. Jahrestagung der Gesellschaft für     Ökologie. Görich & Weiershäuser, Marburg 2015, S. 163 
             Wildpflanzen erhöhen Ertrag in benachbartem Acker. Auf: idw-online.de vom 2. September
  2015

Ich danke Uwe Huchel für diesen tollen Bericht!

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